Sunday, November 12, 2017

Gucci-Mantel nähen - Teil 2

Dieser Post ist leider noch länger geworden, als der Post zuher. Eine andere sinnvollere Aufteilung erschien mir nicht möglich.
Ich versuche mich daher kurz zu fassen und mehr die Bilder für sich sprechen zu lassen.

Ich habe mit der Taschenpatte begonnen: zusammengenäht, Nahtzugaben stufig geschnitten gewendet, gebügelt.
Auf der rechten Stoffseite habe ich Markierung für meine Taschenpattenlage und für die Lage des Futterteils eingezeichnet.
Diese Stelle wird auf der gesamten Fläche der Tasche zusätzlich von links mit Gewebeeinlage verstärkt.
Um es beim Nähen einfacher zu haben, wird ein Futterteil sofort mit der Patte verbunden und zwar mit einem Abstand von 1-2 mm. Danach wird die tatsächliche Linie auf der linken Seite der Patte nochmal markiert und diese dann auf die Markierung für die Pattenlage exakt angenäht.
 Der zweite Taschenbeutel wird ebenfalls exakt auf die Markierung platziert und angenäht.
Da mein Mantelstoff recht dick und fest ist, ist es etwas schwierig exakt einzuschneiden.
Immerhin muss ich bis auf max. 2mm in die Ecke einschneiden. Nicht jede Schere kommt damit klar.
Für solche schwierige Fälle nutze ich meine japanische Schere, die ich auf mein Wunsch hin aus Japan  habe mitbringen lassen. Diese Schere ist wirklich lebensgefährlich! Ich benutze sie nur mit voller Konzentration. Um den Unterschied deutlich zu zeigen, habe ich die Schneide von der gewöhnlichen guten Fadenabschneider neben der Japanschen fotografiert.
Anschliessend wird die Patte doppelt mit der Nähmaschine fest angenäht.
Direkt danach wird mit Knopflochseide (siehe unten) gearbeitet.
Zuerst werden per Hand grosse Stiche (Steppstiche) nach Gefühl  gemacht.
 Die linke Seite:
Abschliessend staffiert man die Aussenkante der Patte mit Nähgarn an.
Taschenbäutel werden zusammengenäht und zwar doppelt!!
Der Beleg wird angenäht.
Danach kommt jede Menge Schritte,die für manche sinnlos erscheinen mögen.
Die Naht wird zuerst auseinander gebügelt, nachzugaben gekürzt, stufig geschnitten.
Dann werden sie am Revers in Richtung des Vorderteils gebügelt bis zum Endpunkt vom Revers.
An diesem Punkt wird die Nahtzugabe eingeschnitten und in die andere Richtung gelegt.

 Auf die gleiche Weise verfährt man mit der Spitze vom Reverskragen.
Anschliessend dreht man den Mantel auf die rechte Seite und Bügelt man entlang der ganzen Kante.
Mit schrägen Spannstichen arbeitet man entlang der Aussenkante und zwar so, dass man die Naht am Reverskragen etwas in Richtung des Mantels rollt und unten am Endpunkt vom Revers in Richtung vom Beleg. Das macht man damit man die Naht  von aussen nicht sichtbar ist.
Vorderfutter wird mit Beleg zusammengenäht.
  Die Seitenteile können jetzt mit dem Vorderteil verbunden werden.
Nun geht es weiter mit dem Rückenteil.
Am Rücken muss man wie es im Post 1 war erstmal das Volumen für die Schulterblätter ausarbeiten.
Mit Steppstichen an der Nahtzugabe wird etwas eingehalten und dann mit Dampf in Form gebracht so, dass nichts die Wellen schmeisst.
Das Volumen für die Schulterblätter ist zwar da, die Form ist da, aber man sieht nichts.

Erst danach darf das Formband am Armloch aufgebült werden.
Anschliessend geht es zum Schlitz und Rückenfutter.
Der Schlitz wird  zuerst wie gewohnt  genäht. Die Fäden bleiben erstmal aussen hängen. Die werden dann im nächten Schritt nach innen gezogen und gesichert. Danach folgt die gleiche Handsteppung wie bei der Patte am Tascheneingriff.
 Das fertige Rückenfutter wird nun mit jedem Schlitzteil verbunden.






Die Kragenteile werden mit den Stegteilen zusammen genäht und abgesteppt.
Auch diesmal nutzte ich dafür Knopflochseide, allerdings folge die Absteppung mit der Nähmaschine.
 Nahtzugaben werden nah an die Nähte abgeschnitten.
Ober- und Unterkragen werden in Form gebügelt:
Der Steg wird  in Bogenform Richtung Ober-(Unter)kragen gebügelt und Ober-(Unter-)kragen wird genau anders rum gebügelt. Am Ende muss so eine Form entstehen.
Ober- und Unterkragen werden  an der Aussenkante verbunden und stufig geschnitten, die Ecken weggeschnitten.
Jetzt beginnt die gleiche Bügelarbeit wie beim Beleg:
-alle Nähte ausseinander
-alle Nähte zusammen in eine bestimmte Richtung-hier in Richtung vom Unterkragen

 Nach der Bügelarbeit kommt wieder mal schräger Spannstich-Arbeit.

Couture-Aufhänger, der besonders haltbar ist.
Diesmal muss er noch mehr aushalten,da der Mantel einiges wiegt. Deswegen habe ich den Aufhänger diesmal nicht im Schrägenlauf, sondern im Gradenlauf gemacht.
Nachteile:
-schwieriger zu wenden
-weniger hübsch, da die Drehung nicht so volumninös aussieht.

Wenn das Bändchen fertig genäht ist, befestigt man ihn auf dem Bügelbrett und gibt den kräftigen Dampfstoss. Dabei muss man das Bänchen in entgegen gesetzte Richtung ziehen, damit das Bändchen seine maximale Ausdehnung erreichen kann.
danch  beginnt man mit der Drehung.

Wieder bindet man diesmal schon das gedrehte Bändchen an das Bügelbrett und wieder gibt man einen  Dampfstoß. Diesmal, um es zu festigen.
 Dann kann das Bändchen ca.5 mm von der Naht sehr fest angenäht werden.
Rückenteile können jetzt an die Seitenteile angenäht werden und die Schulternähte könnten jetzt auch geschlossen werden.

An diese Stelle möchte ich Paar Worte zum Garn sagen.
Das ist ein Knopflochgarn aus  reiner Seide von Gütermann.
Damit habe ich fast alle Hand- und Dekoarbeiten an diesem Mantel ausgeführt.
Ab diesem Punkt beginnt jede Menge Handarbeit.
Mit diesem Schritt befestige ich die Nahtzugabe an das Futter.
 Ebenfalls mit Punktrückstichen wird das Futter an beiden Schlitzkanten befestigt.
Am Beleg geht dieser Stich nicht nur am Futter, sondern auch am Revers und Aussenkante des Mantels entlang.
Das ist die leichteste Art Reverskragen anzubringen :-):
Die Kante vom Steg des Unterkragens verbindet man mit dem Halsausschnitt.
Die Unterkante  vom Steg des Oberkragens verbinden man mit dem Futter und Beleg. Alle Nähte liegen ausseinder. Wir nähen im Kreis:-)
Anschliessend wird die Halsausschnittkante eingeschnitten und mit Steppstich mit der Unterkante des Stegs vom Oberkragen per Hand zusammen genäht. 
Der Kragen ist fest und das Futter kann jetzt auch mit Knopflochseide an die Nahtzugaben  befestigt werden.
Jetzt bleibt nur das Bügeln und Reversbreitenvergleich auf die Genauigkeit.

Ich danke für Eure Aufmerksamkeit :-) !

18 comments:

  1. Liebe Julia,
    dieser Post ist einfach nur großartig!
    Ich habe gerade so viele nützliche Infos von dir bekommen und dank der vielen Bilder war alles super verständlich. Meine Samtjacke wird definitiv davon profitieren :)
    Ich bin seit dreiviertel Sieben gebannt am Lesen gewesen und habe immer wieder gedacht “ ah, so geht das!“
    Und wer mich so früh am Morgen begeistern kam....;)
    Viele liebe Grüße
    Friedalene

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    1. das freut mich total!:-)))
      sag das meinem mann:-) er meint,ich beschreibe alles nciht deutlich genug:-)

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  2. Großartig! Wie gerne würde ich mal unter so einer professionellen Anleitung nähen :-)
    Hab einen schönen Tag.
    LG
    Christine

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    1. aber du kannst schon einiges davon von hier übernehmen...

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  3. Ein Post, der so informativ ist, kann gar nicht lang genug sein.
    LG von Susanne

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    1. da freut mich, dass es noch geduldige menschen gibt:-)

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  4. Spannend zu lesen und so gut bebildert. Ich liebe solche Posts von Dir!

    Liebe Grüße!

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  5. Ich mag deine Ausführungen total gerne. (Am liebsten würde ich mich direkt neben dich setzen, um dir beim Nähen zuzuschauen!) Jeden einzelnen Schritt speichere ich meinem Kopf ab, um ihn -vielleicht- einmal selbst zu nutzen.
    Ich freue mich jetzt schon auf die Bilder des fertigen Mantels. (Bei Instagram konnte man den ein oder anderen fertigen Mantel bewundert. Ich finde es grandios, was Grasser seinen Kunden mit dieser Aktion angeboten hat.)
    LG Martina

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    1. :-))du bist ja pfiffig:-) hätte nicht gedacht,dass du das ganze da verfolgen wirst! manche haben sogar noch mehr gemacht,als es notwendig war, sie haben mit handnähten die schlitze und abnäher von innen beschmückt:-) gesehen?

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    2. Ganz viele Modelle haben mir sehr gut gefallen. Handnähte mag ich ja besonders gerne. (Die Rückstiche, die dein Futter fixieren und gleichzeitig ungemein zieren, finde ich wunderschön.)
      Ganz toll fand ich einen Mantel mit einem großzügigen Pelzkragen. Ich mag so etwas.
      LG Martina
      PS: Ich freue mich sehr, dass du uns deine Arbeitsmethoden zeigst. Leider bekommt man solche Insider-Informationen nur gegen Bezahlung und die sind oftmals nicht so gut erklärt, wie du es machst. Vielen Dank!

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  6. Volumen für die Schulterblätter ausarbeiten - was es nicht alles gibt im Haute-Couture-Universum! Ich habe die ausführliche Beschreibung mit Vergnügen und großem Erkenntnisgewinn gelesen, super bebildert - ich habe es verstanden. Was noch nicht heißt, dass ich mich jemals in dieser Detailverliebtheit einem Kleidungsstück widmen werde. Aber wer weiß, vielleicht steckt Dein Virus doch irgendwann an ;)
    Liebe Grüße von Ina, die gespannt auf die Fortsetzung wartet

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    1. so ging es mir früher,wenn ich die handarbeit bei männersakko angeschaut habe. irgendwann kommt aber der punkt, dass amn selbst sowas machen will:-)

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  7. Tolle Tipps und ein toller Mantel! Vielen Dank für deine ausführlichen und sehr informativen Ausführungen. Jetzt bin ich sehr gespannt auf den fertigen Mantel an dir. LG Nähkatze Carola

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  8. Danke für den ausführlichen Post. Da kann man viel lernen, wenn man will ;) Die Anleitung des Aufhängers finde ich sehr genial. Da ich demnächst einen Kurzmantel nähen möchte, werde ich das ausprobieren. LG Christiane

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  9. Vielen, vielen Dank für Deinen ausführlichen Bericht. Ich nähe auch gerade einen Mantel, einen einfachen Mantel, aber den Aufhänger werde ich ausprobieren und die Handstiche kommen auch zur Anwendung. Die haben mit sehr gut gefallen.
    Liebe Grüße
    Christine

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  10. Liebe Julia, dein Post über den Mantelkurs ist unglaublich. Dieviele Arbeit, so viele Fotos während der Arbeit und sooo übersichtlich und deutlich. Ein Wahnsinn! Auch erfährt man so viel Neues über die Technik, am Liebsten würde ich gleich einen Mantel beginnen und Step by Step dir folgen, so spannend hast du das gemacht. aich freu mich schon deinen fertigen Mantel zu sehen. Auf jeden Fall weiß ich jetzt wo ich nachschaue , wenn meine Zeit gekommen ist. Viel Vergnügen noch und LG Bettina

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