Monday, July 28, 2014

Dirndl nähen, Teil 7

Die Schürze

Auf den ersten Blick sieht es gar nicht nach viel Arbeit aus. Tatsache ist aber, dass es fast alles per Hand gemacht wird mit gehöriger Portion Mathematik zur Hilfe.

Für die Schürze hatte ich 1m Stoff gehabt.
Für die Bänder und Bund habe ich 3 Streifen (vertikal, parallel zum Rand) x 10 cm abgeschnitten.
Der Rest ist die Schürze.
Schürzenlänge= Rocklänge - 3-4cm.
Bandlänge = Rocklänge + 20-25 cm für die Schleife.
Bei Österreichern wird die Schleife häufig hinten gebunden, die Bandenden sollte bis zum Saum reichen.
Der Winkel des Endes beträgt 60°.
Bundweite = Taillenweite - 3 cm.
Bundbreite im fertigen Zustand = 2,5cm.
Berechnung der Raffung: 1/2 Taillenumfang - 4cm.
Das war's schon :-)

Fangen wir an.

1.Die seitlichen Nähte werden mit 1/2cm per Hand gesäumt (!)
Solche Sache sind wirklich wichtig, weil sie entscheidend für den Fall des Stoffes sind. Macht man das mit der Maschine, wird es steif.
2. Das Stifteln wird OHNE Hansl ausgeführt und auch nicht mit Knopflochseide, sondern mit Nähseide/Nähgarn.
Bei den Niederösterreichern gibt's bei der Schürze nur 3 Reihen und sehr sehr feine Stiftelarbeit.
D.h. 3 mm breit und 3/4cm hoch.
Der Abstand zum oberem Abschnitt beträgt 1 cm.
Ich habe mir mit Hilfe von CAD das Papier zurecht gedruckt.
Falls jemand das braucht, kann er sich das hier runterladen.
3. Die gestiftelte Schürze wird von der Mitte aus gleichmäßig auf das Band gesteckt. Dabei muss man darauf achten, dass man sich immer noch innerhalb der ausgerechneten Grenzen befindet (1/2 Taillenumfang- 4cm).
 Wenn alles stimmt, dann kann man über die erste Stiftelreihe steppen.
4. Die Bänder werden an deren langen Seiten geschlossen, die kürzere Seite bekommt eine Abschrägung von 60°. Dann Wenden.

5. Das andere Ende bekommt eine Falte. Insgesamt sollte das Band auf die Breite vom Taillenbund kommen, also 2,5 cm.
6. Der Taillenbund wird an beiden Enden bis zur Raffung geschlossen.
 7.Die Bänder werden reingelegt und an der Seite zusammen mit dem Bund vernäht.
8.Gewendet sieht es dann so aus.
 9. Nun bliebt nur die Öffnung zu verschließen.
Dies wird selbstverständlich von Hand gemacht. Ich habe es anstaffiert.
Nicht vergessen die Schlaufe in der Mitte unterzunähen.
Die ist für den Knopf auf dem Bauch am Kittel, damit die Schürze nicht hin und her rutscht.
Die untere Reihe bei mir ist nur zur Stabilisierung der Fältchen, und damit sie gerade ist.
Das sind doppelte Schlingenstiche.
10. Der letzte Schritt:Saum. Je breiter, desto besser.
Der breite Saum verleiht das nötige Gewicht für die Schürze. Selbstverständlich wird auch hier alles nur von Hand angenäht ;-).
 Nochmal in Bildern.
So sehen die Schleife und der Bund geschlossen aus:
 Die Schleifenbänder gehen bis zum Saum:
Jetzt ist mein Dirndl fertig!

Sunday, July 27, 2014

Dirndl nähen, Teil 6

Das Kittelblech
Der letzte Schritt auf dem Weg zur Vollendung meines Dirndls ist das Kittelblech. Ich glaube darüber gibt es noch weniger Information als sonst beim Dirndl.
Zunächst zum Begriff und Notwendigkeit des Kittelbleches.
Das Kittelblech ist eine Art Stoßband am Rocksaum, dient nicht nur Verschönerung, sondern auch dem Schutz der Saumkante und gibt zusätzliche Stabilität und Gewicht zu dem Kittel.
Hier kommen  ganz große Unterschiede, wie das gemacht wird, aus welchem Stoff, und wie breit.
Ich nähe ein niederösterreichisches Dirndl.
Bei der niederösterreichischen Tracht ist das Kittelblech KEINE OFFENTSICHTLICHE Verzierung und wird nur durch Bewegung sichtbar! Bei Schwaben ist die Vezierung sichtbar.

Hier ist der Vergleich: links Niederösterreich, rechts Schwaben.










 
Ich wollte mein Dirndl weiterhin "ruhig" halten. Daher entschied ich mich für Unifarbe, wie das Futter das Leibel.
Und so wirds gemacht:
1. Man schneidet Stoffstreifen 15 cm breit. Dann verbindet man sie miteinander. In meinem Fall waren es zwei.
Die Verbindungsnähte habe ich aus logischer Überlegung seitlich angeordnet, damit man sie nicht sieht, wenn ich mich hinsetze oder bewege. Hätte ich die  Kittelblechnaht an der hintere Mitte gehabt, würde man sie bei Hinsetzen womöglich sehen.
Die Streifen und der Kittel werden rechts auf rechts miteinander verbunden.
2. Der nächste Schritt kommt nicht aus der Trachtenverarbeitung, sondern eher Couture.
Man bügelt die Nähte auseinander, bevor man das Kittelblech umschlägt-so klappt das Ganze von selbst.
Auch den anderen Rand schlägt man um und bügelt man fest.
3. Jetzt so stecken, dass von außen das Kittelblech nicht zu sehen ist.
4.Wenn alles drum herum gesteckt ist, kann man die äußere Kante feststecken.
5. Ab jetzt ist Handarbeit angesagt!
In den Kittelstoff wird ein Stich gemacht, wo man nur 1-2 Fäden durchsticht. Dann sticht man in das Kittelblech (richtig durch alle Schichten) und macht einen ca. 5mm breiten Schritt (der bleibt auch sichtbar!) .
Dies soll unbedingt 5 mm von der Umbruchkante geschehen, damit man keine Bügelabdrücke beim Bügeln bekommt. Denn nur auf diese Weise kann man mit dem Bügeleisen an die Handnaht von beiden Seiten dran kommen, ohne Umbruch zu bügeln.
Und so sieht das Kitteblech dann fertig aus:
von Innen:
 von Außen:
und seitlich von oben gesehen:


Sunday, July 20, 2014

Den Dirndl Geheimnissen auf der Schliche, Teil 5

Zumindest betrifft das dieses Dirndl.
Ich habe Tage und Wochen damit vebracht, endlich dahinter zu kommen WIE man dies und das richtig macht. Es hat sogar im wahrsten Sinne des Wortes eine schlaflose Nacht gegeben aufgrund der ungelösten Probleme am Dirndl. Hiermit habe ich garantiert den Titel "Nerd" endgültig verdient (obwohl ich das für  ein Unwort halte).
Dabei habe ich  festgestellt, dass ich manche Dinge falsch gedacht und gemacht habe.

Fangen wir mit den Fehler an. Davon gab es 3!
Fehler Nr. 1:
Die Nahtzugabe des Leibels sollte nach OBEN zeigen.
Dabei darf man unter keinen Umständen das Leibl und den Kittel so verbinden. Der Grund ist, dass man die Nahtzugaben dann möglicherweise sehen würde. 
Sondern: Entweder muss der Kittel vom Leibl umfasst werden oder das Leibl  umfasst den Kittel. Darüber ausführlicher unten.
Damit das ermöglicht wird musste ich teilweise meinen Beleg auftrennen.
Somit kommen wir zum Fehler Nr. 2:
Der Beleg bekommt zwar die Knopflöcher zuerst (Auskunft  der Trachtenschneiderei in Steiermark), wird aber später fest angenäht.
Fehler Nr. 3:
Es ist nicht egal, wo  die Falten gelegt werden!
Die erste Falte liegt direkt  an den Stiftelreihen, oder überdeckt diese sogar.

Nun kommen wir zum spannendsten Teil, der Auflösung der Geheimnisse :-)
Im Netz habe ich nur Knoten am Ende der Reihen gesehen und das kann einfach nicht richtig sein,
weil es:
1. Der Philosophie des Dirndls wiederspricht. Wenn ich etwas verknote und ein paar mal wasche, wird der Faden vermutlich nicht mehr aufuzumachen sein, verfusselt.
2. Kommt am Ende der Reihe niemals schöne letzte Stehfalte, sondern wird sich einen Zickzack bilden, da die Spannung unterschiedlich ausfällt.

Dank dem Hinweis von Iris wußte ich, dass am Ende jeder Reihe zwei Schlingelstiche gemacht werden. Somit ist alles super auf Spannung befestigt und jeder Zeit aufmachbar.
 Für die, die nicht wissen, was ein Schlingelstich ist:
 Das Schöne dabei ist, dass die letzte  Stehfalte kerzengrade bleibt.
Die schönste Lösung auf die Frage "Wie bringe ich am sinnvollsten die Fäden unter", lieferte das Dirndl meiner Freundin Janette (als ich zum ersten Mal darein geguckt habe, sah ich es nicht, weil es nur auf einer Seite bei ihr gemacht war, was ich nicht wusste).
Und so wird's gemacht:
Jeder Faden nach dem Schlingelstich wird in der letzten Stehfalte zwischen Hansl und dem Haupstoff so durchgezogen, dass er versteckt von allen Seiten bleibt und taucht wieder in der Mitte auf.
Wenn alle Fäden ungefähr an einem Punkt zusammenkommen, kann man mit dem Zopfflechten anfangen. Man kann den Zopf runter hängen lassen oder mit einer Schlinge befestigen.











In der Taille sollte eine Doppelnaht durchgeführt werden. Im Buch steht, dass eventuelle Korrekturen anfallen, falls ein Stehfältchen falsch von der Maschine erfasst worden ist. So könnte man es ausbessern. Aber ich finde, dass die Doppelnaht mehr Stabilität gibt.
Nun kommen wir zum Punkt, wie die Verbindung des Leibls und des Kittels an dem Verschluss aussehen muss.
Alle Nahtzugaben, die auf 3 cm zurückgeschnitten werden, kommen nach oben (Nach unten wird beim besten Willen wegen der Dicke der Lagen nicht gehen). Der Beleg umfasst  dabei  alle Lagen, wird umgeschlagen und angenäht.
Wenn man die Knopflöcher und die Knöpfe noch nicht angenäht hat, kann man es sogar mit der Nähmaschine machen.

Thursday, July 10, 2014

Dirndl nähen, Teil 4

Der Kittel
So richtig fertig bin ich immer noch nicht,weil ich immer noch offene Fragen habe.
Bitte wie immer um Korrektur und Hilfe.

Auf den Kittelsack habe ich verzichtet, den brauche ich nicht, zumindest nicht bei diesem Dirndl.
Unten am Saum kommt noch ein Kittelblech.
Und jetzt zur Verarbeitung.
Ich habe 2 Stoffbahnen à 140cm breit gehabt. Die habe ich miteinander verbunden. Die Nähte sind dann die vordere Mitte (VM) und die hintere Mitte (HM) geworden.
Bei der VM wird ein Verschluss eingearbeitet. D.h. die Naht geht nicht ganz nach oben, ca. 20-25 cm.
So wird der Verschluss gemacht.
Ich habe 10 cm Hansl gekauft. Ich gebe sofort zu einen Fehler gemacht zu haben.
Zwischen der Oberkante Hansel/Kittel und der Taillennaht sollten nicht mehr als 1 cm liegen.
Da mein Hansel mit 5mm über der Linie läuft, hätte ich diese 5 mm abschneiden sollen.
Die Nahtzugabe sollte 1 cm betragen und nicht 1,5 cm.
Ich habe mich letzten Endes dann doch für maschinelle Fertigung entschieden.
Im Abstand von  30-40 cm von der vorderen Mitte wird das Hansel angebracht. Zuerst habe ich mein Hansel dreiseitig umlaufend overlockt. Im zweiten Schritt habe ich die Oberkante Hansel und Oberkante Rock(Kittel) zusammen overlockt.
 Nun kann man endlich loslegen mit Handstifteln.
Ganz wichtiger Hinweis:
Nur Knopflochseide verwenden. Ich habe sehr lange danach gesucht, denn sie wird nicht mehr im Großhandel angeboten. Aber wenn man die richtige Bezeichnung kennt, wird nach schneller fündig.
Die richtige Knopflochseide aus haspelseide hat Bezeichnung Güttermann R753, 33ydr.
 2 Abende à 2-3h gingen bei mir drauf, um das zu stifteln. Im Nachhinein habe ich noch die obere Reihe gestiftelt, die hier noch nicht auf dem Foto ist.

Jetzt ist es wichtig die hintere Mitte des Leibels mit der hinteren Mitte des Kittels zu verbinden.
Der zweitwichtigste Punkt liegt 7 cm von der Seitennaht Richtung vordere Mitte:


 Jetzt darf gezeigt werden, an allen Fäden gleichzeitig.


Sobald die richtige Länge der ersten Reihe erreicht ist, kann der Kittel an der Taillenlinie des Leibels fixiert und befestigt werden. Der restlicher Stoff zwischen Hansel und VM wird in gleiche Falten gelegt.
Wichtiger Ninweis:
Die Taillenverlauf vorne  ist 1- 2,5cm tiefer! So wie die Abnäher genäht worden sind.
Wenn man das nicht macht, hebt sich der Rock gleich nach vorne (habe sogar getestet- das stimmt:-) ).
Auch für die Schürze ist das bequemer.
Auf der Puppe sieht es  etwas seltsam aus,aber in der Realität sitzt dann richtig.
Jetzt muss die Anprobe gemacht werden und die restliche Stiftreihen an der Figur passend zusammen gezogen werden.

Und jetzt bin ich schon wieder bei der Frage, wie beende ich das richtig?

Theoretisch weiß ich, dass ich paarweise 1&2, 3&4 usw Fäden mit einem Knoten verbinden sollte und danach einen Zopf pflechten.
Aber: Wie kriege ich das so hin, dass meine erste Stiftelreihe kerzengrade ist und nicht unter Zug hin und her gewellt ist?

Die Fortsetzung und weitere ganz wichtige Hinweise zum Thema Stifteln sind hier.